Eine kleine Revolution in der Verpackungsindustrie: Lassen sich mit Arboform, dem neuen Kunststoff auf Holzbasis, die Probleme der Plastik-Ära lösen?

 

Plastikmüll - Ein UmweltrisikoWir leben in einer Welt aus Plastik, das wissen wir spätestens seitdem der Regisseur Werner Boote für seinen Dokumentarfilm Plastic Planet aus dem Jahre 2009 den halben Globus bereiste, um uns zu zeigen, welche Gefahren vom alltäglich gewordenen Plastik für Mensch und Umwelt droht. Plastik ist biologisch nicht abbaubar. Während natürliche Materialen mit der Zeit von Mikroorganismen zersetzt werden, ergibt sich für Kunststoffe ein fast unlösbares Entsorgungsproblem. Zwar lassen sich bestimmte Kunststoffarten recyclen, die Verfahren sind allerdings sehr aufwendig und gelingen nur, wenn der Kunststoff sortenrein getrennt werden kann, da jeder Kunststoff unterschiedliche Zersetzungseigenschaften aufweist. Deshalb rechnet sich die Wiederverwertung von alten Kunststoffen bislang nicht.

 

Zwar gilt Deutschland im europäischen Vergleich als Vorreiter, werden doch hierzulande inzwischen 45 Prozent des Kunststoffabfalls recycelt, Doch noch immer landet der überwiegende Teil in Müllverbrennungsanlagen. Doch die allmähliche Verknappung des Ausgangsstoffs Erdöl und die immer größer werdenden Gefahren, die vom fertigen Produkt Plastik für Mensch und Umwelt ausgehen, lassen seit Mitte der 1990er Jahre Industrie und Wissenschaft nach Alternativen suchen. Zwei Strategien werden hierbei verfolgt:

 

„Wood Plastic Composite“ – Erste Versuche

 

Zum einen wird versucht den auf Erdöl basierenden, Plastikanteil in sogenannten Verbundwerkstoffen zu reduzieren. Beispielsweise besteht WPC – „Wood Plastic Composite“ – aus 70 bis 80 Prozent Holzmehl, das mit Kunststoff vermischt – meist handelt es sich hierbei Polypropylen (PP) seltener um Polyethylen (PE) – und mit Additiven versehen wird. WPC zählt zu den Thermoplasten und kann unter Wärmezufuhr in beliebige Formen gebracht werden. Es wird beispielsweise im Außenbereich als Terrassenbelag eingesetzt und bietet hier eine gelungene Alternative zu seltenen Tropenhölzern, die bislang den Markt aufgrund ihrer Witterungsbeständigkeit und Schädlingsresistenz dominierten.

 

 

Profi-Tipp: Der Holzmehlanteil bei Terrassenbeläge und Zäune aus WPC besteht aus Holzabfällen der heimischen Holzindustrie. Darüber hinaus sind WPC-Produkte vollständig recyclebar und so tust Du der Umwelt in doppelter Hinsicht etwas Gutes.

 

 

Arboform – Die Weiterentwicklung

 

TECNARO - ArboformZum anderen wird nach Möglichkeiten gesucht, Kunststoffe auf der Basis von nachwachsenden Rohstoffen herzustellen, die dadurch biologisch abbaubar werden und das Entsorgungsproblem lösen. Helmut Nägele und Jürgen Pfitzer gelang, was bislang als unmöglich galt: Sie entwickelten einen Thermoplasten auf Holzbasis. Der Ausgangsstoff ist das Biopolymere Lignin, das für die Verholzung von pflanzlichen Zellen verantwortlich ist. Während für die Papierherstellung ausschließlich die im Holz enthaltene Zellulose verwendet wird, fallen jedes Jahr rund 50 Tonnen Lignin als reines Abfallprodukt an, die zukünftig für die Herstellung des vollständig abbaubaren Thermoplasten auf Holzbasis verwendet werden können. Arborform besteht ausschließlich aus natürlichen Materialen – Lignin, Zellulose, Hanffasern und Naturharzen. Bei 170 Grad Celsius wird Arboform flüssig und lässt sich in jede gewünschte Form pressen, die es nach dem Abkühlen beibehält. 2010 erhielten die beiden Erfinder für ihr zum Patent angemeldetes Produkt den europäischen Erfinderpreis, der nur ein Jahr später selbst aus Arboform – dem Plastikwunder – hergestellt wurde. Damit könnte Arboform den am häufigsten verarbeiteten Kunststoff, die Thermoplasten, in Zukunft ablösen. Eine Werkstoff-Revolution, die die Welt verändern könnte! Wir sind gespannt!

 

Profi-Tipp: Einige Hersteller bieten bereits erste Verpackungen aus Arboform. Wenn Du beim Kauf auf die Verpackungsinformationen achtest, kannst Du der Umwelt etwas Gutes tun.

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